Sehr geehrte Damen und Herren,
vor etwa zwei Jahren richtete der Thüringer Landtag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie der CDU-Fraktion die Enquete-Kommission „Ursachen und Formen von Rassismus und Diskriminierungen in Thüringen sowie ihre Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben und die freiheitliche Demokratie“ ein. Eine Enquete-Kommission dient nach der Geschäftsordnung des Thüringer Landtages der „Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachverhalte“.
Im konkreten Fall hat die Enquete-Kommission den Auftrag, „Erscheinungsformen und Verbreitung von rassistischen Einstellungen und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit […] zu untersuchen“, entsprechende „Einstellungen in Thüringen zu identifizieren“ und darauf aufbauend „Konzepte zur Zurückdrängung von Diskriminierungen, die in entsprechenden Einstellungen wurzeln, zu entwickeln“. Die hier entwickelten Maßnahmen sollen dann in Handlungsempfehlungen münden.
Entsprechende „Handlungsempfehlungen“ werden von den Koalitionsfraktionen auch mit Blick auf die Thüringer Justiz angestrebt. Unter Voraussetzung der Unterstellung, es gebe in asyl- und aufenthaltsrechtlichen Fragen seitens der Verwaltungsgerichtsbarkeit „eine unterschiedliche Spruchpraxis und Defizite bei Entscheidungen“ sowie der mehr oder weniger expliziten Botschaft, die Spruchpraxis der Verwaltungsjustiz sei von rassistischen Sichtweisen kontaminiert, fordern die regierungstragenden Fraktionen beispielsweise, dass das Landesverwaltungsamt als Rechts- und Fachaufsicht der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf eine einheitliche aufenthalts- und asylrechtliche Verfahrenspraxis hinwirken solle (siehe VL 6/5071).
Die AfD-Fraktion im Thüringer Landtag nimmt mit großer Sorge zur Kenntnis, dass diese Bestrebungen darauf hinauslaufen, die richterliche Unabhängigkeit und die Gewaltenteilung im Verfassungsstaat zu untergraben. Es ist unsere Überzeugung, dass es mit der verfassungsrechtlichen Ordnung nicht vereinbar ist, wenn eine Regierung mittels ihrer untergeordneten Behörden den Gerichten weltanschauliche Leitlinien für die Urteilsfindung vorzugeben unternehmen soll. Die AfD-Fraktion wird auch weiterhin den entsprechenden Bestrebungen der Regierungsfraktionen und der schleichenden Umwandlung des Rechtsstaates in einen Gesinnungsstaat mit Entschiedenheit entgegentreten.
Mit freundlichen Grüßen,
Corinna Herold Stefan Möller
(Mitglied der Enquetekommission) (Parlamentarischer Geschäftsführer)