Der Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich (zum Beispiel Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Masseure, Logopäden) und die damit einhergehenden Versorgungsengpässe bei einer gleichzeitig älter werdenden Gesellschaft haben den politischen Blick auf die Ausbildungsbedingungen der Gesundheitsfachberufe gelenkt. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat 2018 empfohlen, das Schulgeld für die Gesundheitsfachberufe abzuschaffen. Auch die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Gesamtkonzept Gesundheitsberufe“ spricht sich in ihrem Eckpunktepapier 2020 für die Neuordnung der Ausbildungen in den Gesundheitsfachberufen inklusive der Einführung einer Schulgeldfreiheit aus.
Während andere Bundesländer mit Blick auf die hohen Ausbildungsbedarfe im Gesundheitsbereich im Vorgriff auf eine bundeseinheitliche Regelung das Schulgeld abgeschafft haben (zum Beispiel Schleswig-Holstein, Bayern, Bremen, Niedersachsen), zog es die Landesregierung in Thüringen trotz anerkanntem Fachkräftemangel und Nachwuchsproblemen in den Gesundheitsfachberufen bis zum Sommer 2021 vor, auf eine bundesweite Regelung zu warten. Die Einführung der Schulgeldfreiheit und deren rückwirkende Rücknahme zum 1. Januar 2022 aufgrund von Haushaltskürzungen konterkariert den Landtagsbeschluss vom 22. April 2021, in dem festgestellt wurde, dass die Sicherung einer qualitativ hochwertigen medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Versorgung in Thüringen ein zentrales Anliegen der Landesregierung sei. Auch wenn die Kostenübernahme der Schulgelder durch das Land eine
freiwillige und keine gesetzliche Leistung darstellt, ist die Rücknahme dieser Leistung in Zeiten eines akuten Fachkräftemangels ein politisch
fatales Signal. Der Beschluss, die bereits eingeführte Schulgeldfreiheit wieder zurückzunehmen, befördert die Abwanderung von Auszubildenden der Gesundheitsfachberufe in andere Bundesländer, in denen kein Schulgeld erhoben wird. Um die Attraktivität der Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen zu
steigern und die entsprechende Gesundheitsversorgung in Thüringen sicherzustellen, ist die Schulgeldfreiheit wieder herzustellen.

Vorgangsnummer im Thüringer Landtag

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