Der Stadtrat der Stadt Greiz hat in § 1 Abs. 3 Satz 3 und 4 seiner Geschäftsordnung für den Stadtrat und die Ausschüsse der Stadt Greiz
(im Folgenden Geschäftsordnung) geregelt, dass die weiteren Unterlagen (zur Einladung), wie insbesondere die Vorlagen, Pläne und sonstigen Dokumente, den Stadträten durch Einlegung in die Postfächer im Rathaus zugänglich gemacht werden. Die Einlegung erfolgt grundsätzlich so rechtzeitig, dass die weiteren Unterlagen jeweils donnerstags ab 16.00 Uhr vor dem jeweiligen Sitzungstag bereit liegen. Nach § 18 Abs. 9 Satz 2 der Geschäftsordnung findet die Bestimmung des § 1 der Geschäftsordnung für die Einberufung von Ausschüssen des Stadtrats der Stadt Greiz entsprechende Anwendung. Wie mir bekannt wurde, vertritt das Landratsamt Greiz als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde über die Stadt Greiz die Rechtsauffassung, dass für Stadtratsmitglieder ein
Rechtsanspruch auf Überlassung von Beschlussvorlagen mit der Einladung zur Sitzung nicht besteht. Dies erscheint mir insbesondere bei Beschlüssen zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben nach § 58 der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) bedenklich, da ohne Angabe einer Höhe der über- beziehungsweise außerplanmäßigen Ausgabe die Prüfung einer Deckung derselben dem Gemeinde- beziehungsweise Stadtratsmitglied nicht möglich ist. Insofern ist dann nach meiner Einschätzung ein Verstoß gegen den sich aus dem Gesamtzusammenhang des § 35 Abs. 2 Satz 1 und § 24 Abs. 1 ThürKO ergebenden allgemeinen
Auskunftsanspruch des Gemeinde- beziehungsweise Stadtratsmitglieds nicht auszuschließen. Die Beschlussfassung über eine überplanmäßige
Ausgabe sollte zudem vom Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrats der Stadt Greiz vor ihrem tatsächlichen Anfall mit einer „geschätzten Höhe“ in einer dringlichen Ausschusssitzung nach § 35 Abs. 2 Satz 3 ThürKO erfolgen. Einladungen zu dringlichen Sitzungen der Ausschüsse des Stadtrats der Stadt Greiz werden meines Wissens nach aufgrund § 1 Abs. 4 der Geschäftsordnung in elektronischer Form per E-Mail versandt, ohne über eine hierzu nach § 35 Abs. 7 ThürKO in Verbindung mit § 3 a Abs. 2 Satz 2 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes (ThürVwVfG) vorgeschriebene qualifizierte elektronische Signatur zu verfügen. Darüber hinaus haben meiner Kenntnis nach nicht alle Stadtratsmitglieder einen elektronischen Zugang hierfür eröffnet.

Ich frage die Landesregierung:
1. Ist ein Bürgermeister beziehungsweise Ausschussvorsitzender bei der Überlassung von Vorlagen vor Gemeinde- und Stadtrats- beziehungsweise deren Ausschusssitzungen an die hierfür jeweils geltenden Regelungen der Geschäftsordnung gebunden?
2. Hat eine Beschlussfassung über überplan- beziehungsweise außerplanmäßige Ausgaben nach § 58 ThürKO vor oder nach ihrem tatsächlichen Anfall zu erfolgen und wie begründet die Landesregierung ihre Rechtsauffassung hierzu?
3. Welche Rechtswirkung hat eine aufgrund § 35 Abs. 7 ThürKO in elektronischer Form ohne qualifizierte elektronische Signatur nach § 3 a Abs. 2 Satz 2 ThürVwVfG versandte Einladung?
4. Ist eine in elektronischer Form nach § 35 Abs. 7 ThürKO ohne qualifizierte elektronische Signatur nach § 3 a Abs. 2 Satz 2 ThürVwVfG versandte Einladung rechtswirksam und zulässig, wenn nicht alle Gemeinde- beziehungsweise Stadtratsmitglieder hierfür einen Zugang eröffnet haben und falls die Frage mit Ja beantwortet wird, wie begründet die Landesregierung ihre Rechtsauffassung hierzu?

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