Durch die von der Europäischen Union verhängten Sanktionen gegen die Russische Föderation und deren Vollzug durch die Bundesregierung,
durch die sogenannte Energiewende, die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, verfehlte wirtschaftspolitische Entscheidungen und
die aus diesen Faktoren resultierende hohe Inflation sowie infolge des seit März 2022 anhaltend hohen Zuzugs von Flüchtlingen aus der Ukraine sowie Migranten aus zahlreichen anderen Ländern werden die Haushalte von Land und Kommunen überdimensional belastet. Hinzu kommt eine bereits seit Jahren in Thüringen bestehende nicht sachgerechte Ausstattung der kreisfreien Städte und Landkreise im Sozialbereich. All dies führt dazu, dass in Thüringen die Kommunen in eine bedrohliche finanzielle Schieflage geraten sind und auch die finanziellen Spielräume des Landes eingeengt werden.
In Thüringen erfolgt auf Landesebene zudem eine ungenügende Umsetzung des Konnexitätsprinzips, gerade hinsichtlich sozialer Pflichtleistungen der kreisfreien Städte und Landkreise. Dies hat zur Folge, dass Soziallasten in immer größerem Umfang den kreisfreien Städten und Landkreisen aufgebürdet werden, ohne dass hierfür ein angemessener finanzieller Ausgleich erfolgt. Bedingt durch überdimensionale Bezugskosten für Energie und durch zu erwartende Zahlungsausfälle von Energiekunden wandeln sich kommunale Energieunternehmen derzeit von einer bislang regelmäßigen und zuverlässigen Einnahmequelle der Trägerkommunen zu einer finanziellen Belastung. Dadurch gerät auch die gesicherte Energieversorgung durch kommunale Unternehmen in Gefahr. Zudem werden kommunale Sparkassen durch ausfallende Kredite und eine gerade im Jahr 2022 durch die Anhebung der Leitzinsen bedingte deutliche Abwertung von Einlageforderungen aus Wertpapieren Verluste in Millionenhöhe auszuweisen haben. Schließlich befinden sich in Thüringen fast alle kommunalen Krankenhäuser nicht zuletzt infolge der Corona-Maßnahmenpolitik und der Energiepolitik im defizitären Bereich.
Der skizzierten finanziellen Schieflage muss neben der Beseitigung ihrer politischen Ursachen durch eine langfristig bessere Finanzausstattung von Ländern und Kommunen unverzüglich begegnet werden. Daher ist die Thüringer Landesregierung angehalten, über den deutschen Bundesrat eine Verbesserung des deutschen Finanzausgleichssystems, hier durch eine aufwandsgerechte Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes zugunsten der Länder und Kommunen, zu erwirken.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 11. November 1999 (2 BvF 2/98, 2 BvF 3/98, 2 BvF 1/99, 2 BvF 2/99, BVerfGE 101, 158) entschieden, dass die Finanzverfassung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die Zuteilungsfolgen und Ausgabenlasten in einer ausgewogenen Balance bestehen müssen (BVerfGE 101, 158, 222).
Hierbei hat der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum. Allerdings darf die Aufteilung der Umsatzsteuer nicht beliebig erfolgen (Seiler in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 106, Rz. 147 ff., Lfg. 81 9/2017). Die genaue Aufteilung der Umsatzsteuer hat hier nach den Maßstäben des Artikels 106 des Grundgesetzes zu erfolgen. Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen: Bund, Länder und Kommunen haben im Rahmen ihrer laufenden Einnahmen unter Berücksichtigung einer mehrere Jahre überspannenden Finanzplanung einen Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Hierzu normiert Artikel 104a Abs. 1 des Grundgesetzes das Prinzip der Konnexität von Aufgabenverantwortung und Ausgabenlast (vergleiche Siekmann in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 104a, Rz. 2).
Gemessen an diesen Grundsätzen erfolgt die gegenwärtige und erst recht die in absehbarer Zukunft de lege lata zu erwartende Aufteilung des Aufkommens an der Umsatzsteuer eindeutig zu Lasten der Länder und Kommunen. Dieser Zustand ist durch eine angemessenere Verteilungsregelung im Finanzausgleichsgesetz dauerhaft zu verbessern, damit Gemeinden und Ländern eine auskömmliche Finanzausstattung zur Verfügung steht.

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