Erdgas soll, nach dem Willen des Bundes und des Landes, durch Wasserstoff, vorzugsweise durch sogenannten „grünen“ Wasserstoff, ersetzt werden. Hierzu aber werden eine angemessene Infrastruktur, einschneidende Umrüstungsmaßnahmen und entsprechende finanzielle Investitionen benötigt, die erst dann sinnvoll sind, wenn sich die Technologie für flächendeckenden Einsatz eignet. Da Wasserstoff als Energieträger für eine solche flächendeckende Versorgung einstweilen nicht marktreif ist, sollen Subventionen, also Steuergelder, diese Form der Energieerzeugung tragen.
Eine Folgenabschätzung, insbesondere eine Abschätzung einzusetzender Rohstoffe, fehlt indes.
Die Landesregierung wollte mittels des Prestigeprojekts der Wasserstoff-Modellregion im Schwarzatal die Ära der Wasserstoffwirtschaft
einleiten. Doch ohne die erforderlichen Vorbetrachtungen, wie insbesondere eine ausreichende Technologiefolgenabschätzung vorzunehmen und die Wirtschaftlichkeit eines solchen Projekts zu prüfen, war das Vorhaben von Anfang an zum Scheitern verurteilt, weil dessen wirtschaftliche Durchführung derzeit schlichtweg nicht möglich ist. Mittlerweile musste die erneute Ausschreibung auch Antriebsarten ohne den Einsatz von Wasserstoff zulassen. Die Zukunft der Wasserstoff-Modellregion Schwarzatal ist dementsprechend laut eines Berichts des MDR vom 7. September 2022 ungewiss.
Trotzdem hält die Landesregierung (ebenso wie Bund und EU) daran fest, die bewährte Energieversorgung mit Erdgas und fossilen Kraftstoffen auf Wasserstoff umzustellen – ungeachtet der Folgen für Unternehmen, Verbraucher und Umwelt und ungeachtet der Frage nach der Wirtschaftlichkeit eines solchen Vorhabens.
Unter Zuhilfenahme von Steuergeldern wird unter anderem ein Modellprojekt der Wasserstoffwirtschaft „TH2ECO“ gestartet, das unter anderem den Bau von Wasserstoff-Pipelines vorantreiben soll. Eine Wasserstofftankstelle für das Güterverkehrszentrum Erfurt wurde vom Land mitfinanziert, ohne dass es derzeit LKW mit entsprechendem Wasserstoff-Antrieb in Thüringen gibt, weshalb das Land die Anschaffung von zehn Wasserstoff -LKW gleich selbst vornehmen (vgl. Bericht der Zeit für kommunale Wirtschaft vom 20.12.2021 und der MDR vom 29.11.2022) will. Ein weiteres Projekt für eine Wasserstofftankstelle soll in Weimar entstehen, diesmal für den ÖPNV. Ein auf den Bau von Wasserstofftankstelleninfrastruktur spezialisiertes Unternehmen mit Sitz in Berlin konstatiert, dass der Preis für den Bau einer Wasserstofftankstelle mit mehr als einer Million Euro zu hoch sei.
Die exemplarisch genannten Projekte zeigen, dass die Wasserstoffstrategie der Landesregierung darin besteht, Angebot und Nachfrage für Wasserstofftechnologie selbst zu schaffen, weil der Markt dies mangels ökonomischer Perspektiven nicht leistet. Des Weiteren zeigen zahlreiche
Antworten der Landesregierung auf Kleine Anfragen (vgl. Antwort der Landesregierung in Drucksache 7/7323 auf die Kleine Anfrage 7/4091 und in Drucksache 7/6761 auf die Kleine Anfrage 7/3895) zum Thema Wasserstoff, dass weder die Folgen der technologischen Umstellung ausreichend bekannt noch bekannte Probleme bei der Anwendung dieser Technologie behoben sind. Zum Bedarf des nötigen Wassers etwa wird auf Import verwiesen. Befragt zur Umwidmung bestehender und bereits als Wasserstoffleitung einsatzfähiger Erdgasleitungen antwortet die Landesregierung, dass ihr dazu keine abschließenden Informationen vorliegen.
Die sichere, bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung des Freistaats bedarf einer fundierten Analyse, keiner verantwortungslosen
Planung auf Grundlage von ideologischen Wunschvorstellungen.
Die planwirtschaftlich verordnete Umstellung auf Wasserstoff gilt es zu beenden. Zunächst ist eine detaillierte Technologiefolgenabschätzung
erforderlich, die Rentabilität öffentlicher Investitionen muss gewährleistet sein. Dazu bedarf es der Rückkehr zur Technologieoffenheit anstatt ideologisch motivierter Subventionswirtschaft.