In der öffentlichen Debatte um die Suedlink- beziehungsweise die Suedostlink-Trassen werden nach wir vor die energiewirtschaftlichen Prämissen ausgeblendet, welche die Errichtung der Trassen und die damit einhergehenden negativen Folgen für Thüringens Kulturlandschaft, die Umwelt sowie die Entwicklung der Energiekosten zur Folge haben.
Beide Trassen sind Resultat der seit Ende der Neunzigerjahre betriebenen sogenannten Energiewendepolitik, welche trotz immer noch fehlender wirtschaftlicher und praktikabler Stromspeichermöglichkeiten auf Energieerzeugungsanlagen setzt, die den Strom unabhängig vom Bedarf, aber abhängig von Wind und Wetter, in das Netz einspeisen und dieses damit auch überlasten.
Fehlende Stromspeicher in Verbindung mit nicht bedarfsgerecht produziertem Strom bei gleichzeitig flächendeckender Stilllegung der konventionellen Kraftwerkskapazitäten in den Ballungszentren Deutschlands erzwingen den Bau von Stromleitungen, um den im Norden Deutschlands produzierten Strom aus EEG-Anlagen, insbesondere Windkraftanlagen, in den Süden zu leiten. Beide Trassen sind das direkte Ergebnis der energiepolitischen Fehlentscheidungen der letzten Jahre und vor allem Folge einer massiven Subventionierung der Windkraft und der Photovoltaik.
Der Antrag zum Bau der Suedostlink-Trasse in Thüringen ist inzwischen eingereicht. Es ist absehbar, dass das Planfeststellungsverfahren für Suedlink bald abgeschlossen sein wird. Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hatte in der Pressemitteilung vom 16. Juni 2021 wiederholt angekündigt, in diesem Falle gegen den Trassenverlauf zu klagen. Auf Nachfrage im Rahmen der Kleinen Anfrage 7/3592, ob die Landesregierung eine solche Klage immer noch anstrebe, wurde geantwortet: „In Anbetracht der gegenwärtigen Energiekrise ist die Landesregierung aktuell dabei, künftige Versorgungsszenarien und einzelne Energieinfrastrukturen unter den geänderten Voraussetzungen in den Blick zu nehmen und Handlungsmöglichkeiten abzuwägen.“ Diese Aussage bezieht sich vermutlich auf die vom Ministerpräsidenten Mitte des Jahres 2022 angekündigte Prüfung, ob man Suedlink nicht „anzapfen“ könne, um auf diese Weise die Dekarbonisierung der Südthüringer Glasindustrie vorantreiben zu können. (vergleiche Bericht des MDR vom
02. Juli.2022) Da die Landesregierung bereits in ihrer Antwort (Drucksache 7/6908) auf die Kleine Anfrage 7/3942 eingestand, dass die Überlegung, die Suedlink-Trasse in Thüringen „anzuzapfen“ aus zeitlichen und technischen Gründen auf Rat der Fachleute derzeit nicht weiterverfolgt [werde], ist davon auszugehen, dass jeder Verweis der Landesregierung auf die Energiekrise im Zusammenhang mit Suedlink dazu dienen soll, von der angekündigten Klage gegen den Trassenverlauf durch Thüringen abzusehen.
Die würde dem Interesse des Landes Thüringen, dem Interesse der betroffenen Grundeigentümer und dem Umweltschutz zuwiderlaufen und wäre geeignet, dem Vertrauen der Bevölkerung in die Politik weiteren Schaden zuzufügen.
Angesichts widersprüchlicher Aussagen der Landesregierung zum Klageverfahren (vergleiche Bericht des MDR vom 30. April 2023) bleibt diese aufgefordert, sich klar zu positionieren und die Interessen der unmittelbar und mittelbar vom Trassenbau Betroffenen bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

Vorgangsnummer im Thüringer Landtag

Drucksache

Redebeitrag