Der Kreistag des Wartburgkreises hat sich nach § 112 in Verbindung mit § 34 ThürKO eine Geschäftsordnung gegeben, die nach ihrem § 1 auf der Grundlage und in Ergänzung der gesetzlichen Vorschriften die Rechte und Pflichten der Kreistagsmitglieder sowie das Verfahren im Kreistag und den Ausschüssen des Kreistags regelt. Die Vorschrift des § 11 Abs. 2 Satz 1 und 3 der Geschäftsordnung für den Kreistag und die Ausschüsse des Wartburgkreises regelt, dass Anträge, die in der Kreistagssitzung behandelt werden sollen, in Schriftform und mit Begründung spätestens 21 Kalendertage vorher im Kreistagsbüro vorliegen müssen.
In der Kreistagssitzung des Wartburgkreises am 4. Juli 2023 kamen Beschlussvorlagen zur Abstimmung, die vom Landrat erst am 16. Juni 2023 und damit nicht innerhalb der in § 11 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung bezeichneten Frist erstellt und eingereicht wurden. Auf Nachfrage einer Kreistagsfraktion hierzu erklärten der Erste Beigeordnete sowie der Amtsleiter des Rechtsamts des Landratsamts Wartburgkreis, dass die in der Geschäftsordnung bezeichneten Antragsfristen nur für Anträge von Fraktionen im Kreistag gelten.
Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales ist nach § 118 ThürKO oberste Rechtsaufsichtsbehörde über die Landkreise in Thüringen.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Gilt eine vom Kreistag beschlossene Geschäftsordnung nur für Kreistagsmitglieder und die von ihnen gebildeten Fraktionen, obwohl der Kreistag nach § 102 Abs. 1 Satz 1 ThürKO aus dem Landrat als Mitglied des Kreistags und den gewählten Kreistagsmitgliedern besteht?
2. Falls Frage 1 mit Ja beantwortet wird, auf welcher Rechtsgrundlage?
3. Ist der Landrat als Mitglied des Kreistags und Leiter des Landratsamts bei eigenen Anträgen an die Bestimmung des § 11 Abs. 2 Satz 3 der
Geschäftsordnung für den Kreistag und die Ausschüsse des Wartburgkreises gebunden?
4. Falls Frage 3 mit Nein beantwortet wird, warum und auf welcher Rechtsgrundlage nicht?
5. Sofern der Landrat als Mitglied des Kreistags des Wartburgkreises auch an die Bestimmung des § 11 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung für den Kreistag und die Ausschüsse des Wartburgkreises gebunden ist, sieht die Landesregierung durch die Verhaltensweise und rechtliche Argumentation des Landrats die Prüfungsrechte der Kreistagsmitglieder verletzt?
6. Welche Rechtsfolgen ergeben sich dann für die hier gefassten Beschlüsse, die nach unserer Auffassung erhebliche finanzielle Lasten für den Wartburgkreis nach sich ziehen?

Vorgangsnummer im Thüringer Landtag

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