Aufgrund der Bestimmung des § 40 Abs. 1 der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) sind Sitzungen kommunaler Vertretungsorgane (Gemeinde- und Stadtrat, Kreistag, Gemeinschafts- und Verbandsversammlung) öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder
das Interesse Einzelner entgegenstehen. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nicht öffentlicher Sitzung beraten und entschieden. Entsprechende Regelungen enthalten auch die Geschäftsordnungen der meisten kommunalen Vertretungsorgane in Thüringen. Wie uns bekannt ist, hat die
Landrätin des Landkreises Weimarer Land am 15. Januar 2024 eine Einladung zu einer nicht öffentlichen Kreistagssitzung am 25. Januar 2024 versandt, in der eine Beschlussfassung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 ThürKO und § 24 Abs. 1 Satz 3 der Geschäftsordnung des Kreistags des Landkreises Weimarer Land nicht als Beratungsgegenstand aufgeführt ist. Bei Kreistagen setzt nach § 112 in Verbindung mit § 35 Abs. 4 ThürKO die Tagesordnung zu Kreistagssitzungen der Landrat beziehungsweise die Landrätin im Benehmen mit den Beigeordneten und dem Kreisausschuss fest.
Das Ministerium für Inneres und Kommunales ist nach § 118 Abs. 3 ThürKO oberste Rechtsaufsichtsbehörde über die kommunalen Gebiets- und
Personenkörperschaften in Thüringen.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Wenn die Einladung zur Sitzung eines kommunalen Vertretungsorgans einen öffentlichen und nicht öffentlichen Teil oder nur eine nicht öffentliche Sitzung ausweist und die Tagesordnung durch Beschluss des kommunalen Vertretungsorgans angenommen wird, ist mit bloßer Benennung von nicht öffentlichem Sitzungsteil oder nicht öffentlicher Sitzung in der Einladung damit eine Beschlussfassung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 ThürKO nach Auffassung der Landesregierung entbehrlich?
2. Sofern Frage 1 mit Ja beantwortet wird, aus welchem Rechtsgrund?
3. Ist eine Beschlussfassung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 ThürKO in der Einladung zur Sitzung eines kommunalen Vertretungsorgans als eigener Beratungsgegenstand auszuweisen und falls die Frage mit Nein beantwortet wird, aus welchem Rechtsgrund nicht?
4. Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang sind Vergabeentscheidungen kommunaler Vertretungsorgane, bei denen es nicht um die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Bieter geht, in nicht öffentlicher Sitzung zu behandeln?

5. Welche Rechtsfolgen ziehen bei Beschlüssen kommunaler Vertretungsorgane Verstöße gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit als wesentliches Element in einem demokratischen Rechtsstaat und tragendes Verfahrensprinzip der Kommunalverfassung (unter anderem Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. April 1976, Neue Juristische Wochenschrift 1976, 1931) nach sich und hat das nach Auffassung der Landesregierung die Ungültigkeit der gefassten Beschlüsse zur Folge?
6. Falls Frage 5 mit Nein beantwortet wird, aus welchem Rechtsgrund?

Vorgangsnummer im Thüringer Landtag

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