Die Ermittlung zutreffender Besteuerungsgrundlagen ist ein wichtiges Instrument der Finanzverwaltung zur Sicherstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.
In Nichtabgabefällen werden die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 der Abgabenordnung durch die Veranlagungsstellen in den Finanzämtern (Innendienst) geschätzt. Im Fall von Gewinneinkünften erfolgt dies oftmals ohne jegliche Anhaltspunkte, da die erklärungsverweigernden Steuerpflichtigen in der Regel auch ihrer Pflicht zur Veröffentlichung der Jahresabschlüsse nicht nachkommen beziehungsweise im Fall der Veröffentlichung die Finanzbeamten hierauf keinen Zugriff erhalten, da dieser kostenpflichtig ist.
Die Länder erfassen jährlich den Prüfungsturnus und die Prüfungsintensität der Thüringer Betriebsprüfungsstellen und Steuerfahndungsstellen
(Prüfquote) differenziert nach Betriebsgrößen. Eine Prüfbefugnis beziehungsweise einen Prüfungsauftrag haben selbige Prüfungsdienste auch für Nichtabgabefälle.
Aus den Finanzämtern ist bekannt, dass die Anzahl der Dauerschätzungen (Schätzungen wegen Nichtabgabe über mindestens drei Veranlagungszeiträume in Folge) stetig zunimmt und dass in einer Vielzahl von Fällen die zunächst unter dem „Vorbehalt der Nachprüfung“ (§ 164 der Abgabenordnung) ergangenen Steuerschätzungen ohne spätere Prüfung bestandskräftig werden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie hat sich die Zahl der Dauerschätzfälle im eingangs beschriebenen Sinn in der Thüringer Finanzverwaltung in den letzten zehn Veranlagungszeiträumen entwickelt (bitte getrennt nach Veranlagungszeiträumen ohne Veranlagungsschluss und unter Angabe der Nichtabgabefälle mit und ohne Schätzung)?
2. Mit welcher Quote sind jeweils jährlich in den letzten zehn Jahren in Thüringen Gewinneinkünftler mittels Betriebsprüfung und/oder Steuerfahndungsprüfung bezüglich ihrer erklärten Ertragsteuern geprüft worden (bitte getrennt nach Branche und Betriebsgrößenklasse)?

3. Mit welcher Quote sind jeweils jährlich in den letzten zehn Jahren in Thüringen Gewinneinkünftler mittels Betriebsprüfung und/oder
Steuerfahndungsprüfung bezüglich ihrer erklärten Umsatzsteuerzahllast geprüft worden (bitte getrennt nach Branche und Betriebsgrößenklasse)?
4. Mit welcher Quote sind jeweils jährlich in den letzten zehn Jahren in Thüringen Gewinneinkünftler mittels Betriebsprüfung und/oder Steuerfahndungsprüfung bezüglich der wegen Nichtabgabe geschätzten Ertragsteuern geprüft worden (bitte getrennt nach Branche und Betriebsgrößenklasse)?
5. Mit welcher Quote sind jeweils jährlich in den letzten zehn Jahren in Thüringen Gewinneinkünftler mittels Betriebsprüfung und/oder Steuerfahndungsprüfung bezüglich der wegen Nichtabgabe geschätzten Umsatzsteuerzahllast geprüft worden (bitte getrennt nach Branche
und Betriebsgrößenklasse)?
6. Inwieweit stellt die Finanzverwaltung sicher, dass hinterlegte Jahresabschlüsse den für die Schätzung zuständigen Festsetzungsstellen
– beispielsweise über einen Account bei entsprechenden Rechercheplattformen wie North Data – zugänglich sind?
7. Wie viele der unter dem „Vorbehalt der Nachprüfung“ (§ 164 Abgabenordnung) ergangenen Steuerschätzungen (Ertragsteuern und Umsatzsteuern) sind in den letzten zehn Jahren unkorrigiert und ohne Prüfung durch Außendienste bestandskräftig geworden (soweit nicht für Gewinneinkünftler getrennt erfasst, bitte Angabe der Gesamtzahl und Angabe der Festsetzungen, für die Bestandskraft der Schätzung eingetreten ist)?
8. Wie hat sich der Personalbestand an Betriebsprüfern in der Thüringer Finanzverwaltung in den letzten zehn Jahren landesweit sowie regional entwickelt (bitte in Vollzeitäquivalenten)?
9. Wie hat sich der Personalbestand an Steuerfahndern in der Thüringer Finanzverwaltung in den letzten zehn Jahren landesweit sowie regional entwickelt (bitte in Vollzeitäquivalenten)?
10.Wie viele Betriebsprüfer und Steuerfahnder wurden seit dem Jahr 2020 für artfremde Tätigkeiten – beispielsweise Corona-Stundungen,
Grundsteuerreform – eingesetzt (bitte Angabe in Monaten, Stunden, Vollzeitäquivalenten und der Art der Tätigkeiten)?

Vorgangsnummer im Thüringer Landtag

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