Nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 11. März 2020 die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus („Coronavirus“) als Pandemie
eingestuft hatte, wurden seitens von Landes- und Bundesregierungen umfassende nicht medizinische und medizinische Maßnahmen ergriffen, mit denen über viele Monate hinweg zahlreiche Grundrechte weitgehend eingeschränkt, das öffentliche und private Leben der Menschen beschnitten und die Wirtschaft ausgebremst wurden. Bei der Anordnung, insbesondere der nicht medizinischen Maßnahmen, orientierte man sich auch in der Bundesrepublik Deutschland an der Art und Weise, mit der die Volksrepublik China der Verbreitung des Virus entgegenzuwirken suchte.
In Thüringen wurden entsprechende Maßnahmen mit den Schulschließungen vom 13. März 2020, der Schließung der meisten Einzelhandelsgeschäfte ab dem 19. März 2020, dem deutschlandweiten ersten sogenannten „Lockdown“ am 22. März 2020 und der Vorläufigen Thüringer Grund-Verordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie (CoronaEindämmungsVO) des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (TMASGFF) am 25. März 2020 in Kraft gesetzt.
Von da an wurden die Maßnahmen über etwa drei Jahre hinweg modifiziert, ausgeweitet, ergänzt, verschärft oder reduziert, bevor sie schließlich mit Außerkrafttreten der Thüringer Verordnung zur Regelung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 mit Ablauf des 7. April 2023 weitgehend endeten, allerdings über diesen Tag hinaus vielfach bis heute fortwirken.
Von Beginn der Maßnahmenpolitik an gab es von unterschiedlichen Seiten Kritik am politischen Umgang mit dem Coronavirus und der von dem Virus verursachten Krankheit COVID-19. Nicht nur zahllose Wissenschaftler formulierten Einwände, sondern auch Ärzte und Praktiker aus allen Lebensbereichen meldeten sich mit Kritik zu Wort; in der Gesellschaft formierte sich Protest, der in unterschiedlichen Formen, beispielsweise auf in ganz Thüringen stattfindenden Spaziergängen, in die Öffentlichkeit getragen wurde. Es ist vielfach der Eindruck entstanden, dass solche Kritik von der Landesregierung meist übergangen, beiseitegeschoben oder auch öffentlich herabgesetzt wurde.
Dass die Kritiken vielfach berechtigt waren, wurde zuletzt vor allem durch die Veröffentlichung der sogenannten RKI-Protokolle im März 2024 bestätigt, aus denen hervorgeht, dass politische Entscheidungen bisweilen gegen die Befunde und Ratschläge der Sachverständigen herbeigeführt worden waren. Hieran zeigt sich, dass es erforderlich ist, die von den Regierungen – hier der Thüringer Landesregierung – getroffenen Entscheidungen zum Umgang mit dem Coronavirus beziehungsweise der Krankheit COVID-19 eingehend zu untersuchen: Entscheidungen, durch die das Leben und die Gesundheit von Millionen Menschen vor allem mittels einer erheblichen Beschränkung ihrer Rechte außerordentlich beeinträchtigt wurden und werden.
In Anbetracht dieser Sachlage beantragen die Unterzeichner gemäß Artikel 64 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Untersuchungsausschußgesetzes und § 83
der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Thema „Untersuchung, Aufklärung und Beurteilung der Thüringer Politik im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und der durch dieses verursachten Erkrankung COVID-19“ (kurz: Coronamaßnahmen).
Der Untersuchungsausschuss hat die Aufgabe, die Entscheidungsfindung der Landesregierung, der zuständigen Ministerien und der ihrer Rechts-, Fach- oder Dienstaufsicht unterliegenden Behörden und Einrichtungen in Bezug auf die verfolgte Politik zur Eindämmung der Corona-Pandemie („Coronamaßnahmenpolitik“) zu untersuchen und insbesondere mögliche Versäumnisse und Fehleinschätzungen der Landesregierung mit Bezug auf die Corona-Pandemie aufzuklären und zu beurteilen. Im Mittelpunkt stehen die gesundheitspolitischen, gesundheitsökonomischen, infektiologischen und medizinischen Erkenntnisse, auf deren Grundlage die Landesregierung agierte und mit denen sie ihre Entscheidungen begründete.
Der Untersuchungsgegenstand umfasst die von der Landesregierung erlangten Erkenntnisse und die von ihr in Wahrnehmung ihrer im föderalistischen System vorgesehenen Kompetenzen vorgenommenen, nicht vollständig durch Bundesrecht prädeterminierten Handlungen und Unterlassungen in Bezug auf die Bekämpfung der Ausbreitung des SARSCoV-2-Virus und der Infektionskrankheit COVID-19. Auch Handlungen und Unterlassungen der Landesregierung, die in Zusammenarbeit oder Abstimmung mit der Bundesregierung, Bundesbehörden, anderen Landesregierungen und einschlägigen Gremien auf Bund-Länder-Ebene vorgenommen wurden, sind Teil des Untersuchungsgegenstands. Der Untersuchungsausschuss beschränkt sich bei seiner Beurteilung auf alle
genannten Handlungen und Unterlassungen, die der Landesregierung und der ihr nachgeordneten Behörden zuzurechnen sind. Dies schließt nicht aus, dass unter Umständen Tatsachenfeststellungen über das Handeln anderer Akteure, insbesondere auf Bundes- und Länderebene, getroffen werden müssen. Der Untersuchungsauftrag bezieht sich allein auf bereits abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Vorgänge.
Stichtag für den Einbezug in die Untersuchung ist der Tag des Einsetzungsbeschlusses.
Alle bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnisse, Handlungen und Unterlassungen der Landesregierung in Bezug auf das SARS-CoV-2-Virus beziehungsweise die Krankheit COVID-19 sind potenzielle Gegenstände des Untersuchungsausschusses. Die nachfolgenden Konkretisierungen beziehen sich auf den Zeitraum zwischen dem erstmaligen Auftreten des SARS-CoV-2-Virus und dem genannten Stichtag.
Zum Zweck der Bearbeitung des Untersuchungsauftrags ist den in den nachfolgenden Untersuchungsaspekten aufgeworfenen Fragen nachzugehen.
I. Der Untersuchungsausschuss soll aufklären,
1. an welchen Gremien auf Bund-Länder-Ebene mit Bezug auf die Corona-Pandemie (Ministerpräsidentenkonferenzen, Gesundheitsministerkonferenzen, AG Infektionsschutz, Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden u.a.) die Landesregierung, einzelne Ministerien, nachgeordnete Behörden oder sonstige Institutionen, die unter Fach- oder Rechtsaufsicht des Freistaats Thüringen stehen, beteiligt und wie diese Gremien zusammengesetzt waren, auf welcher Rechtsgrundlage sie arbeiteten, wie ihre Entscheidungsfindung erfolgte und welche Positionen die Landesregierung, einzelne Ministerien oder nachgeordnete Behörden in diesen Gremien vertraten; zudem soll aufgeklärt werden, inwiefern und nach welchen Kriterien die Landesregierung,
die einzelnen Ministerien oder nachgeordneten Behörden die in diesen Gremien erarbeiteten Informationen, Empfehlungen, Stellungnahmen und Beschlüsse bei ihrer Entscheidungsfindung aufgegriffen oder berücksichtigt haben; 2. welche Gestaltungs- beziehungsweise Umsetzungsspielräume die Landesregierung beziehungsweise die einzelnen Ministerien und nachgeordneten Behörden im Umgang mit den auf Bundesebene erlassenen Vorschriften in Bezug auf die Corona-Pandemie und den in den genannten Gremien gefassten Beschlüssen und Empfehlungen hatten und inwiefern, in welchem Umfang und
aufgrund welcher Kriterien in diesem Zusammenhang von landeseigenen Kompetenzen Gebrauch gemacht wurde;
3. welche Sachverständigen- und Beratungsgremien die Landesregierung beziehungsweise einzelne Ministerien im Hinblick auf die Corona-Pandemie berieten; dabei soll insbesondere geklärt werden, wer zu welchem Zeitpunkt die Einrichtung dieser Gremien beschloss, auf welcher Rechtsgrundlage die Einrichtung der Gremien gegebenenfalls beruhte, nach welchen Kriterien deren Zusammensetzung erfolgte, welchen Auftrag diese Gremien jeweils hatten und ob diese einer fachlichen Aufsicht beziehungsweise Weisungsgebundenheit unterstanden;
4. wie die Entscheidungsfindung in diesen Sachverständigen- und Beratungsgremien erfolgte und auf welche Weise die Landesregierung beziehungsweise die einzelnen Ministerien die Empfehlungen und Stellungnahmen der Gremien aufgegriffen und in ihren Entscheidungen bezüglich der auf das SARS-CoV-2-Virus beziehungsweise die Infektionskrankheit COVID-19 bezogenen Maßnahmen („Corona-Maßnahmen“) berücksichtigt haben; hierzu soll
insbesondere geklärt werden, nach welchen Kriterien Stellungnahmen und Empfehlungen der Beratungsgremien in der Entscheidungsfindung der Landesregierung in Bezug auf Corona-Maßnahmen aufgegriffen oder nicht aufgegriffen wurden;
5. in welcher Weise und nach welchen Kriterien Empfehlungen und Stellungnahmen von solchen Sachverständigen, die einzelnen staatlichen Corona-Maßnahmen in Bund, Ländern oder anderen Staaten kritisch gegenüberstanden oder die von einer geringen Gefährlichkeit des Virus ausgingen, bei der Entscheidungsfindung der Landesregierung beziehungsweise der Ministerien berücksichtigt beziehungsweise nicht berücksichtigt wurden;
6. welche Schritte die Landesregierung einleitete, um die Entscheidungsgrundlagen, namentlich in Form von empirischen Daten und wissenschaftlichen Erkenntnissen bezüglich der Verbreitung und der Gefährlichkeit von SARS-CoV-2 beziehungsweise COVID-19 sowie des Immunitätsstatus in der Bevölkerung stetig zu verbessern; dazu soll insbesondere beurteilt werden, ob die Landesregierung alles Erforderliche getan hat, um sich fortlaufend ein ausgewogenes Lagebild zu verschaffen;
7. ob die Landesregierung eine eigene Gefahreneinschätzung hinsichtlich SARS-CoV-2 beziehungsweise COVID-19 vornahm und wenn nein, welche und wessen Einschätzung der von SARSCoV-2 beziehungsweise COVID-19 ausgehenden Gefahren im Freistaat Thüringen zugrunde gelegt wurde beziehungsweise wenn ja, welche Parameter und Methoden zur Gefahreneinschätzung herangezogen wurden und aufgrund welcher Kriterien dies geschah;
8. welche Nutzen-Schaden-Analysen die Landesregierung im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen durchführte oder durchführen ließ und auf welcher Informationsgrundlage und mit welcher Methodik diese durchgeführt wurden;
9. inwiefern die Landesregierung eine kontinuierliche und systematische Prüfung der Folgen der im Freistaat Thüringen geltenden Corona-Maßnahmen vornahm sowie, ob und wie sich die Ergebnisse solcher begleitender Evaluationen auf die weitere Entscheidungsfindung auswirkten; dazu soll insbesondere ermittelt werden, welche Effekte die Landesregierung mit einzelnen Maßnahmen anstrebte, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage die entsprechenden Handlungsziele bestimmt wurden und wie ihre Wirkung festgestellt wurde; außerdem soll geklärt werden, welche Schritte die Landesregierung eingeleitet hat, um die vom Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen in öffentlichen Äußerungen für erforderlich gehaltene systematische Aufarbeitung aller Pandemiemaßnahmen vorzunehmen;
10.welche Erkenntnisse zu welchem Zeitpunkt die Landesregierung im Laufe der Corona-Pandemie erlangt hat, die womöglich in einem Widerspruch mit der bis dahin von der Landesregierung verfolgten Corona-Politik standen oder zu deren Überprüfung führten und wie mit diesen Erkenntnissen umgegangen wurde;
11.auf welcher sachlichen und politischen Grundlage die Landesregierung im Mai 2020 beabsichtigte, einen Großteil der erlassenen Corona-Maßnahmen zurückzunehmen; dazu soll insbesondere ermittelt werden, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse, Daten und Annahmen diesem Vorhaben zugrunde lagen und aufgrund welcher konkreten Erkenntnisse oder Ereignisse das Vorhaben wenig später verworfen wurde;
12.welche Erkenntnisse der Landesregierung über eine möglicherweise drohende Überlastung des Gesundheitssystems des Landes zu welchem Zeitpunkt vorlagen und welche Schritte die Landesregierung einleitete, um die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems des Landes, insbesondere in Form der Krankenhausbettenkapazität, bedarfs- beziehungsweise prognoseangepasst zu erhöhen;
13.wie viele wegen COVID-19 behandelte Patienten zu welchem Zeitpunkt in Krankenhäuser außerhalb des Freistaats Thüringen verlegt werden mussten, wie viele wegen COVID-19 in Behandlung befindliche Patienten aus anderen Ländern oder anderen Staaten zu welchem Zeitpunkt in Kliniken in Thüringen behandelt wurden und auf welcher sachlichen Grundlage die Aussage des Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen aus dem November 2021
beruhte, wonach zu diesem Zeitpunkt die Gefahr bestanden habe, dass niemandem, der ungeimpft in ein Krankenhaus in Thüringen komme, eine Behandlung in Thüringen garantiert werden könne;
14.welche Maßnahmen von der Landesregierung ergriffen wurden, um sicherzustellen, dass die gemeldeten Bettenzahlen die tatsächliche Lage in den Krankenhäusern in Thüringen abbildeten und keine systemisch verzerrten Daten vorlagen;
15.in welchen Krankenhäusern in Thüringen während des Untersuchungszeitraums Kurzarbeit angemeldet wurde und wie viele Arbeitnehmer in diesem Zeitraum zu welchem Zeitpunkt von Kurzarbeit in Krankenhäusern in Thüringen betroffen waren;
16.welche Schritte die Landesregierung einleitete, um sicherzustellen, dass erforderliche medizinische Behandlungen und Operationen nicht abgesagt oder verschoben wurden und was die Landesregierung unternahm, um zu gewährleisten, dass erkrankte Menschen bei Ärzten und Kliniken weiterhin Hilfe finden konnten, sowie welche Maßnahmen von der Landesregierung eingeleitet wurden, um die Inanspruchnahme medizinischer Vorsorgeangebote zu gewährleisten;
17.welche Bevölkerungsgruppen die Landesregierung aus welchem Grund und nach welchen Kriterien als hinsichtlich der COVID-19-Erkrankung „vulnerable Gruppen“ oder „Risikogruppen“ identifizierte, welche Konzepte die Landesregierung in Bezug auf diese Gruppen umsetzte, welche alternativen Konzepte vorlagen und ob beziehungsweise auf welche Weise die Landesregierung eine aus den umgesetzten Konzepten möglicherweise resultierende soziale Segregation und medizinische Bevormundung der diesen Gruppen zugerechneten Personen zu verhindern suchte;
18.welche gegen die Verbreitung von SARS-CoV-2 beziehungsweise COVID-19 gerichtete Schutzmaßnahmen die Landesregierung in Pflegeheimen und anderen Einrichtungen mit besonders gefährdeten Personen implementierte; dabei soll der Untersuchungsausschuss auch aufklären, wie sichergestellt wurde, dass die sogenannten „vulnerablen Gruppen“ beziehungsweise „Risikogruppen“ auch während der „Lockdown“-Phasen Zugang zu medizinischer Versorgung hatten;
19.inwiefern die Landesregierung bei ihren Entscheidungen die psychosozialen und physischen Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf „vulnerable Gruppen“ beziehungsweise „Risikogruppen“ berücksichtigte und abzumildern suchte;
20.welche Maßnahmen die Landesregierung ergriffen hat, um Besuche bei Bewohnern von Pflegeheimen und Patienten in Krankenhäusern zu ermöglichen und damit die persönliche Zuwendung für Pflegebedürftige, Patienten, Schwerkranke und Sterbende zu gewährleisten;
21.auf welcher wissenschaftlichen Grundlage Schließungen von Schulen und Kindergärten in Thüringen angeordnet und somit das in der Verfassung des Freistaats Thüringen verbürgte Recht auf Bildung eingeschränkt wurden; hierbei ist insbesondere nach den ausschlaggebenden wissenschaftlichen und beziehungsweise oder politischen Gründen zu fragen, die die Landesregierung dazu veranlassten, die Erziehungsberechtigten schulpflichtiger Kinder in einem Schreiben vom 12. März 2020 darüber zu informieren, dass Schulschließungen nur für den Einzelfall vorgesehen seien, um dann am Folgetag landesweite Schulschließungen anzuordnen;
22.welche Maßnahmen die Landesregierung ergriffen hat, um die Rolle von Hochschulen, Schulen und Kindergärten bei der Verbreitung des Coronavirus zu erforschen, welche alternativen Maßnahmen zur Schließung von Schulen und Kindergärten in Betracht gezogen wurden, die den Schul- und Kindergartenbetrieb weniger beeinträchtigt hätten und was die Landesregierung unternommen hat, um eventuelle, mit den Einschränkungen des Schul- und Kindergartenbetriebs verbundene negative Folgen zu ermitteln und zu kompensieren;
23.auf welcher wissenschaftlichen Grundlage die in Hochschulen, Schulen und Kindergärten eingeführten Maßnahmen, wie unter anderem regelmäßige Corona-Tests, dauerhaftes Tragen von Mund-Nasen-Schutz, Abstandsregelungen auf Pausenhöfen oder häufiges Lüften, beruhten und was die Landesregierung unternahm,
damit durch diese und andere Corona-Maßnahmen keine physischen oder psychischen Gesundheitsschädigungen bei Schülern, Kindern und Studenten bewirkt würden;
24.welche Schritte die Landesregierung eingeleitet hat, um Erkenntnisse zu erlangen über eventuelle durch die Corona-Maßnahmen bewirkte Folgen für Kinder und Jugendliche, insbesondere in Form von möglichen körperlichen und seelischen Gesundheitsschädigungen, Beeinträchtigungen von Beschulungs- und Studierfähigkeit, Beeinträchtigung und Abbruch von schulischen und beruflichen Bildungswegen, Entwicklungsstörungen oder verringerter
Sozialkompetenz;
25.welche Schritte die Landesregierung einleitete, um sicherzustellen, dass die an den Hochschulen eingeführten Corona-Maßnahmen
keine negativen Auswirkungen auf den Forschungs- und Lehrbetrieb sowie auf den Studienverlauf, die Studienqualität und die soziale Entwicklung der Studenten hatten;
26.zu welchem Zeitpunkt und aus welchen wissenschaftlichen Gründen die Landesregierung sich darauf festlegte, dass eine weitgehende Durchimpfung der Bevölkerung erforderlich sei, um die Corona-Pandemie zu beenden, und welche Kenntnisse die Landesregierung zu welchem Zeitpunkt über den durch die Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus beziehungsweise die Infektionskrankheit COVID-19 („Corona-Impfung“) bewirkten Fremdschutz hatte;
27.auf welcher wissenschaftlichen Grundlage es die Landesregierung für geboten hielt, eine Kampagne für Corona-Impfungen durchzuführen, welchen Umfang und welche Inhalte diese Kampagne hatte, welche Werbedienstleister beauftragt wurden, welche Rundfunk-, Print- oder Online- und sonstige Medien und Einzelpersonen in diesem Zusammenhang beauftragt wurden und welche Kosten dabei jeweils und im Ganzen entstanden;
28.auf welcher wissenschaftlichen Grundlage es das TMASGFF für geboten hielt, in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen im Mai 2022 ein Informationsblatt zur Aufklärung über sogenannte „Falschmeldungen“ im Zusammenhang mit der Corona-Impfung an alle Haushalte in Thüringen zu versenden;
29.auf welcher wissenschaftlichen Grundlage es das TMASGFF und das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS) für geboten hielten, in Zusammenarbeit mit der Universität Erfurt und dem Communication Lab Erfurt ein im Juli 2021 veröffentlichtes Informationsblatt zu erstellen, das Inhalte über die Corona-Impfung bei Kindern und Jugendlichen enthielt, wie viele Exemplare dieses Informationsblatts gedruckt wurden, auf welchen Wegen
diese verteilt wurden und welche Kosten entstanden; insbesondere ist zu klären, inwiefern in der zur Veröffentlichung des Informationsblatts führenden Entscheidungsfindung der Umstand berücksichtigt wurde, dass zum Zeitpunkt der Erstellung beziehungsweise Publikation keine entsprechende Empfehlung der Corona-Impfung für Kinder durch die Ständige Impfkommission (STIKO) vorlag;
30.auf welcher wissenschaftlichen Grundlage es das TMASGFF für geboten hielt, am 25. Mai 2021 in Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen ein Konzeptpapier zur Impfung von Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 18 Jahren zu veröffentlichen; hierbei soll der Untersuchungsausschuss insbesondere aufklären, wie und nach welchen Kriterien bei der entsprechenden Entscheidungsfindung der Umstand berücksichtigt
wurde, dass zu diesem Zeitpunkt eine Zulassung eines Impfstoffs für die genannte Altersgruppe durch die hierfür zuständige EU-Arzneimittelagentur (EMA) ebenso wenig vorlag wie eine Empfehlung durch die STIKO;
31.welche Maßnahmen die Landesregierung einleitete, um sicherzustellen, dass beim Einsatz von sogenannten „mobilen Impfteams“ in Pflegeheimen die Beachtung der ärztlichen Aufklärungspflichten und die Mündigkeit und eigenverantwortliche Entscheidung von insbesondere älteren Patienten uneingeschränkt gewährleistet waren;
32.mit welchen Maßnahmen die Landesregierung die Kontrolle der Sicherheit und Wirksamkeit der in Thüringen verwendeten Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus beziehungsweise die Infektionskrankheit COVID-19 gewährleistete sowie welche Anstrengungen die Landesregierung unternahm, um eventuelle
Nebenwirkungen der in Thüringen verwendeten Impfstoffe zu erfassen und von Nebenwirkungen möglicherweise betroffene Personen in Thüringen zu unterstützen; dazu soll insbesondere ermittelt werden, wie die Landesregierung und die ihr unterstellten Behörden mit Warnungen vor mit den Impfstoffen verbundenen Risiken beziehungsweise mit Kritik an der unzureichenden Wirksamkeit und der Sicherheit der Impfstoffe umgingen und welche
Bemühungen die Landesregierung unternahm, um Anhaltspunkte für Schädigungen durch diese Impfstoffe zu finden, beispielsweise durch die Analyse von Krankenkassen- und anderen Gesundheitsdaten oder durch die Beauftragung entsprechender wissenschaftlicher Studien;
33.wie die bundesgesetzlich vorgeschriebene einrichtungsbezogene Impfpflicht durch den Freistaat Thüringen umgesetzt wurde und welche Handlungsoptionen die Landesregierung hinsichtlich der Abmilderung der vorhersehbaren Auswirkungen auf die Personalkapazitäten in Gesundheitseinrichtungen besaß; der Untersuchungsausschuss soll in diesem Zusammenhang Vorschläge zur Rehabilitation und Entschädigung von solchen Arbeitnehmern unterbreiten, die von den Folgen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffen waren beziehungsweise sind;
34.welche Handlungsspielräume die Landesregierung bei der Umsetzung der sogenannten „G-Regelungen“ (2G, 2G+, 3G, 3G+) hatte; in diesem Zusammenhang soll insbesondere die Frage geklärt werden, welche Schritte die Landesregierung unternahm, um in Erfahrung zu bringen, ob und in welchem Umfang geimpfte Personen das Virus weitergeben können und um sicherzustellen, dass ungeimpfte Personen nicht öffentlich stigmatisiert und aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen werden; der Untersuchungsausschuss soll in diesem Kontext Empfehlungen erarbeiten, wie Menschen rehabilitiert und entschädigt werden können, denen aufgrund ihrer Weigerung, sich einer Impfung mit den neuartigen Corona-Impfstoffen zu unterziehen, Nachteile (insbesondere beruflicher und finanzieller Art) entstanden sind;
35.auf Grundlage welcher Kriterien die Landesregierung Versammlungen, Demonstrationen und politische Kundgebungen in Thüringen beurteilte und einordnete, die sich kritisch gegen die Corona-Maßnahmenpolitik richteten („Corona-Proteste“, „Montagsspaziergänge“, „Querdenken“, „Hygienedemos“ o.ä.) und inwiefern von der Landesregierung oder von einzelnen Ministerien zu welchem Zeitpunkt spezifische Richtlinien für den behördlichen und polizeilichen Umgang mit den genannten Versammlungen erlassen wurden oder auf sonstigem Wege Einfluss auf den Umgang der zuständigen Versammlungsbehörden und der Polizei mit den genannten Versammlungen genommen wurde; dabei soll insbesondere auch der Frage nachgegangen werden, ob die
genannten Versammlungen von der Landesregierung, von den Versammlungsbehörden und der Polizei abweichend von anderen im gleichen Zeitraum in Thüringen stattfindenden Versammlungen, Demonstrationen und politischen Kundgebungen beurteilt und behandelt wurden;
36.von wem aus welchen Gründen über Polizeieinsätze und das Vorgehen von Einsatzkräften bei den genannten Versammlungen entschieden worden ist; dazu ist zu klären, ob und gegebenenfalls welche Anweisungen des Ministeriums für Inneres und Kommunuales (TMIK) es gegenüber der Polizeiführung gab beziehungsweise welche Anweisungen die Polizeiführung zum Vorgehen gegenüber den Versammlungen erteilte; dabei soll insbesondere der Frage nachgegangen werden, welche Maßnahmen die Landesregierung unternahm, um die Verhältnismäßigkeit der Polizeieinsätze sicherzustellen;
37.welche internen Anweisungen es in den Polizeibehörden für Polizeibeamte hinsichtlich des Umgangs mit Verstößen gegen geltende Corona-Maßnahmen gab, wie sich die Krankschreibungsrate von Polizeibeamten während der Corona-Pandemie im Vergleich zu den Vorjahren entwickelte, ob es Dienstvorschriften hinsichtlich der Erfassung des Impfstatus von Polizeibeamten gab, welche Maßnahmen ergriffen oder in Erwägung gezogen wurden, um
die Impfquote bei Polizeibeamten zu erhöhen und ob eine Impfpflicht für Polizeibeamte in Erwägung gezogen wurde;
38.mit welchen Methoden das Amt für Verfassungsschutz (AfV) Erkenntnisse über die genannten Versammlungen und deren Teilnehmer gewonnen und darauf basierende Einschätzungen erlangt hat; dabei soll insbesondere geklärt werden, ob die Landesregierung, das TMIK oder die Leitungsebene des AfV Vorgaben zur Einordnung der Versammlungen gaben;
39.auf welchen rechtlichen und politischen Entscheidungsgrundlagen Versammlungen mit Bezug zur Corona-Politik untersagt beziehungsweise aufgelöst wurden; zu diesem Zweck soll der Untersuchungsausschuss auch klären, welche Abstimmungen zwischen den Ländern über den Umgang mit Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen existierten und welche Erkenntnisse der Landesregierung hinsichtlich des Effekts von politischen Versammlungen, insbesondere solchen unter freiem Himmel, auf das Infektionsgeschehen im Freistaat Thüringen vorlagen beziehungsweise welche Maßnahmen die Landesregierung unternahm, um solche Erkenntnisse zu erlangen;
40.auf welcher Erkenntnisgrundlage und nach welchen Kriterien die Landesregierung die für verschiedene Bereiche des öffentlichen Lebens geltenden Regelungen zum verpflichtenden Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung („Maskenpflicht“) eingeführt hat;
41.welche Studien die Landesregierung in Auftrag gegeben oder berücksichtigt hat, um die Wirkung der Pflicht zum Tragen einer
Mund-Nase-Bedeckung hinsichtlich der Verhinderung von Infektionen differenziert nach unterschiedlichen Maskenarten („Alltagsmaske“, „FFP2-Maske“, „medizinische Maske“) und Verwendungskontexten (unter freiem Himmel, in öffentlichen Verkehrsmitteln et cetera) zu untersuchen, welche Studien die Landesregierung in Auftrag gegeben oder berücksichtigt hat, um die Auswirkungen des Maskentragens auf die Gesundheit der Bevölkerung zu bewerten, welche spezifischen gesundheitlichen Risiken die Landesregierung in Bezug auf das Tragen von Masken (insbesondere bei längerer Nutzung, unter körperlicher Anstrengung oder durch Kinder) identifiziert hat und welche Untersuchungen die Landesregierung beauftragt hat, um potenzielle Schadstoffe oder gesundheitsschädliche Materialien in den verwendeten Masken zu identifizieren und welche Erkenntnisse dabei erzielt wurden;
42.wie die Landesregierung die Öffentlichkeit über die potenziellen gesundheitlichen Risiken und die tatsächliche Wirksamkeit von Mund-Nase-Bedeckungen informiert hat und welche politischen Erwägungen und sonstige außer-medizinische Faktoren die Entscheidungen der Landesregierung zur Einführung und Beibehaltung der Maskenpflicht trotz möglicher Bedenken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und gesundheitlichen Auswirkungen beeinflusst
haben; der Untersuchungsausschuss soll dabei insbesondere ergründen, welche alternativen Maßnahmen zur Maskenpflicht zum Zwecke der Eindämmung von Virusübertragungen die Landesregierung in Betracht gezogen hat und warum diese möglicherweise zugunsten der Maskenpflicht nicht ergriffen wurden.
II. In Abweichung von § 4 Abs. 1 des Untersuchungsausschußgesetzes besteht der Untersuchungsausschuss aus 14 Mitgliedern. Auf die Fraktionen entfallen folgende Stellenanteile:
Fraktion der AfD: 5
Fraktion der CDU: 4
Fraktion des BSW: 2
Fraktion Die Linke: 2
Fraktion der SPD: 1
III. Der Untersuchungsausschuss erstattet dem Landtag vor der konstituierenden Sitzung des 9. Thüringer Landtags einen schriftlichen Bericht gemäß § 28 Abs. 1 des Untersuchungsausschußgesetzes.
IV. Die im Einzelplan 01 Kapitel 01 01 in den Hauptgruppen 4, 5 und gegebenenfalls 6 für die Durchführung dieses Untersuchungsausschusses benötigten zusätzlichen Haushaltsmittel werden auf Antrag der Landtagsverwaltung aus dem Einzelplan 17 durch die Landesregierung überplanmäßig bereitgestellt.
V. Die Landesregierung wird aufgefordert, mit Einsetzung des Untersuchungsausschusses Löschmoratorien bezüglich der Aktenbestände, Unterlagen und gewonnenen Erkenntnisse aller beteiligten Landesbehörden mit Bezug auf den Untersuchungsgegenstand auszusprechen.
Begründung:
Nachdem Ende des Jahres 2019 in der Volksrepublik China erstmals die COVID-19-Krankheit in Erscheinung getreten und kurz darauf das der
Familie der Coronaviren zugehörige Virus SARS-CoV-2 („Coronavirus“) als deren Verursacher identifiziert worden war, stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das von diesem Virus ausgelöste Infektionsgeschehen am 11. März 2020 als Pandemie ein. Bereits am 13. März 2020
wurde von der Landesregierung beschlossen, den Schulbetrieb auszusetzen und ab dem 19. März 2020 mussten alle Einzelhandelsgeschäfte
in Thüringen, die keine Lebensmittel verkauften, schließen. Am 22. März 2020 trat deutschlandweit der erste sogenannte „Lockdown“ in Kraft.
Am 25. März 2020 trat die Vorläufige Thüringer Grund-Verordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie (CoronaEindämmungsVO)
des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (TMASGFF) in Kraft. Sie wurde in rascher Folge novelliert und durch
weitere Verordnungen und Erlasse ergänzt. Die zur Eindämmung der Corona-Pandemie getroffenen Maßnahmen („Corona-Maßnahmen“)
bewirkten weitreichende, historisch einzigartige Einschränkungen verfassungsmäßiger Rechte der Bürger des Landes, die in ihrer Wirkung
de facto an die Aufhebung einzelner Grundrechte heranreichte. Neben Schul- und Kindergartenschließungen, Reisebeschränkungen, Berufsverboten, Eingriffen in die Gewerbefreiheit, Besuchsverboten in Krankenhäusern und Pflegeheimen, Verbot religiöser Veranstaltungen, Abstandsregeln und Maskentragepflichten wurde auch das demokratische Grundrecht der Versammlungsfreiheit stark eingeschränkt und der Bevölkerung wurden Ausgangssperren auferlegt. Die Einhaltung der genannten Maßnahmen wurde durch polizeilichen Zwang unter der Androhung von teils erheblichen Bußgeldern und Strafen durchgesetzt.
Die Maßnahmen wurden durch eine Medienberichterstattung begleitet, die nicht zuletzt auf Grundlage von Stellungnahmen von Mitgliedern
der Landesregierung Verunsicherung und Angst in der Bevölkerung erzeugte. Das stand in Kontrast zu den Äußerungen von Politikern und
zur Medienberichterstattung im Januar und Februar 2020, als die Ungefährlichkeit des Coronavirus betont und vor „Panikmache“ und „Verschwörungstheorien“ gewarnt wurde. Experten des Robert Koch-Instituts (RKI) beispielsweise sprachen zu dieser Zeit von einem geringen Risiko einer Ausbreitung des Virus nach Deutschland. Der Ratsvorsitzende des Weltärztebundes konstatierte am 28. Februar 2020, dass bei den meisten mit dem Coronavirus infizierten Personen nur „erkältungsähnliche Symptome“ zu beobachten seien. Ein bekannter Virologe stellte am 2. März 2020 fest, dass es sich um eine „milde Erkrankung“ handele. Die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie gab in der Plenarsitzung am 30. Januar 2020 an, dass das RKI die Möglichkeit als gering einstufte, dass es in Deutschland zu einer Epidemie komme und noch am 6. März 2020 äußerte sie im Plenum des Landtags, dass in Thüringen „aktuell […] keine Krisensituation“ bestehe.
Es steht außer Zweifel, dass die Regierungsmaßnahmen starke wirtschaftliche Einbußen sowie erhebliche Einschränkungen des öffentlichen
und privaten Lebens bewirkten. Damit einher ging zudem ein Anstieg sozialer und gesundheitlicher Beeinträchtigungen in der Bevölkerung. Beispielsweise kam es in ganz Deutschland zu einer deutlichen Steigerung der Fälle von schweren Depressionen, Übergewicht und Entwicklungsstörungen bei Kindern sowie vermehrt zu erheblichen Lernrückständen bei Schülern. Es ist anzunehmen, dass auch die von der Landesregierung getroffenen Maßnahmen immense gesundheitliche, wirtschaftliche und soziale Schädigungen zur Folge hatten.
Derartige negative Folgen der Maßnahmen wurden demnach offenkundig in Kauf genommen, um die Verbreitung von SARS-CoV-2 beziehungsweise COVID-19 einzudämmen. Im Gegensatz zu den rasch erkennbaren und absehbaren schädlichen Folgen war ein positiver Nutzen vieler Maßnahmen von Beginn an allerdings überaus unklar. Mittlerweile ist durch eine großangelegte wissenschaftliche Studie der US-Universitäten Stanford und Harvard belegt, dass sich ein Nutzen der auch in Thüringen durchgeführten Pandemiemaßnahmen empirisch nicht belegen lässt; eine Einsicht, die auch von verschiedenen früheren Studien nahegelegt wurde. Bedeutende Stimmen aus der Wissenschaft wiesen bereits zu Beginn des Jahres 2020 auf die geringe Gefährlichkeit des
Coronavirus hin und hinterfragten früh das Lockdown- und Maßnahmennarrativ. Solche kritischen Stimmen werden von den neueren Erkenntnissen weitgehend bestätigt.
Die mittlerweile veröffentlichten Protokolle der Sitzungen des Corona-Krisenstabs des RKI aus der Zeit vom Januar 2020 bis zum April 2021
(„RKI-Protokolle“) legen nahe, dass politisch unerwünschte Erkenntnisse des RKI bezüglich des Coronavirus und der Pandemiemaßnahmen zu verschiedenen Zeitpunkten übergangen wurden und deuten auf eine wiederholte politische Einflussnahme auf das der Fachaufsicht des Bundesgesundheitsministeriums unterstellte Institut. Auch im Freistaat Thüringen wurden einzelne Corona-Maßnahmen von der Landesregierung unter Verweis auf die Expertise des RKI begründet. Auch vor diesem Hintergrund erweist es sich als fraglich, ob der Hinweis, man habe es zum damaligen Zeitpunkt nicht besser wissen können, stichhaltig ist.
Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass wissenschaftliche Erkenntnisse bewusst ignoriert und weitreichende Grundrechtseinschränkungen
auf der Grundlage wissenschaftlich nicht haltbarer Begründungen vorgenommen wurden. Fragwürdig war zudem der Umgang mit medizinstatistischen Daten. Auf der Grundlage von PCR-Tests wurden auch Menschen ohne Krankheitssymptome als erkrankt eingestuft. Testanlässe und -häufigkeit wurden durch politische Vorgaben mehrfach verändert, weitreichende Maßnahmen wurden an unterschiedliche, entkontextualisiert behandelte Werte (anfängliche r-Wert, später Inzidenzwerte) geknüpft und die Dauer des Genesenenstatus wurde ohne belastbare Begründung verkürzt.
Bereits vor der Existenz von Impfstoffen gegen COVID-19 wurde in Politik und Medien die Behauptung vertreten, dass allein eine flächendeckende Impfung die Pandemie beenden könne. In der zweiten Aprilwoche des Jahres 2020, mehr als acht Monate vor der bedingten Zulassung des ersten neuartigen COVID-19-Impfstoffs, hatte die damalige Bundeskanzlerin die entsprechende Losung ausgegeben, dass restriktive Maßnahmen so lange in Kraft bleiben müssten, „bis wir wirklich einen Impfstoff haben, mit dem wir die Bevölkerung immunisieren können“.
Auch die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie brachte im Juli 2020 im Plenum des Landtags zum Ausdruck, dass
die Landesregierung im Umgang mit dem Coronavirus ganz auf einen Impfstoff setze. Dementsprechend wurde in Thüringen bereits vor der
Zulassung eines entsprechenden Impfstoffs ein Konzept für die Einrichtung von Impfzentren erarbeitet und mit Blick auf die seit Ende des
Jahrs 2020 zur Verfügung stehenden Impfstoffe eine umfassende Impfkampagne gestartet. Bereits früh gab es indes auch Hinweise aus der
Ärzteschaft in Thüringen auf Risiken der neuartigen Impfstoffe, deren Stichhaltigkeit zwischenzeitlich durch die veröffentlichten RKI-Protokolle untermauert wird. Nach Beginn der Impfkampagne wurden die Freiheitsrechte der Bevölkerung mit der Einführung der sogenannten 2G-, 2Gplus- und 3G-Regelungen eingeschränkt, mit der klar kommunizierten Absicht, geimpften Personen mehr Rechte zukommen zu lassen als ungeimpften Personen
und so einen „Anreiz“ für die Impfung mit den neuartigen Corona-Impfstoffen zu setzen. Personen, die sich nicht impfen ließen, wurden von
der Teilnahme am öffentlichen Leben in großem Umfang ausgeschlossen und in ihrer privaten Lebensführung erheblich und weit mehr eingeschränkt als jene, die einen Impfnachweis besaßen. Dabei gab es von Beginn an wissenschaftliche Zweifel an der Wirksamkeit der neuen Impfstoffe. Zudem wurde von Sachverständigen befürchtet, dass die Zahl der unerwünschten, insbesondere der schweren Impfnebenwirkungen, größer ist als von den Herstellern und vom zuständigen, der Fachaufsicht des Bundesgesundheitsministerium unterstellten Paul-Ehrlich-Institut angegeben wurde. Dennoch wurde die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht insbesondere für Beschäftigte des Gesundheitswesens am 28. Februar 2022 per Erlass des TMASGFF nach § 20a IfSG
konkretisiert und auf dieser Basis umgesetzt. Auch hier liegt der Verdacht nahe, dass die Landesregierung weitreichende Einschränkungen
der Freiheit von Bürgern des Landes auf einer unzureichenden beziehungsweise auf unzutreffenden Annahmen beruhenden Entscheidungsgrundlage vornahm. Zudem scheinen diese Maßnahmen in einem offenkundigen Widerspruch zu der im Juli 2020 getroffenen Aussage der
Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zu stehen, wonach „die Thüringer Landesregierung immer den Standpunkt
vertreten hat, dass Impfungen gegen das Coronavirus nur auf freiwilliger Basis erfolgen dürfen“.
Der Umstand, dass die Regierungsmaßnahmen in verschiedener Hinsicht fragwürdig waren, wirft auch ein Licht auf den politischen Umgang
mit Kritikern dieser Maßnahmen. Gegen Kritiker, die sich beispielsweise bei Spaziergängen zusammenfanden, wurde in Thüringen teilweise
mit Härte polizeilich vorgegangen. Generell wurden Kritiker der Maßnahmen durch Mitglieder der Landesregierung beziehungsweise des
Exekutivapparats diffamiert und verächtlich gemacht. Der Präsident des Amts für Verfassungsschutz etwa gab anlässlich einer Großdemonstration gegen die Coronapolitik am 7. November 2020 in der Stadt Leipzig zu Protokoll, dass die Initiative „Querdenken“, die die dortige Veranstaltung organisiert hatte, „rechtextremistisch“ sei. Die Botschaft war hier: Wer an der Demonstration teilgenommen hat, ist rechtsextremistisch. Auf welchen Erkenntnissen solche diffamierenden Behauptungen beruhten, wurde indes in der Regel nicht erläutert.