Auch im Ilm-Kreis ist der Bau neuer Windkraftanlagen an etlichen Standorten geplant, was in weiten Teilen der Bevölkerung auf Ablehnung stößt, gerade auch im Luftkurort im Geratal. Insbesondere im Hinblick auf Umweltbelastungen durch den Abrieb von Rotorblättern und den Einsatz problematischer Stoffe wie Bisphenole, per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS), Schwefelhexafluorid (ist mit einem Treibhauspotential von 22.800 Kohlenstoffdioxid-Äquivalenten das stärkste bekannte Treibhausgas), Kobalt, Lithium, Epoxidharze und andere toxische Substanzen stellt sich die Frage nach den langfristigen Risiken für die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung. Auch die Bundesrepublik Deutschland will daher in der Europäischen Union (EU) gemeinsam mit Dänemark, den Niederlanden, Norwegen und Schweden sämtliche Verbindungen dieser Substanzklasse – die per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen – verbieten. Schätzungen zufolge gelangen in den nächsten 30 Jahren rund 4,4 Millionen Tonnen per- und polyfluorierte Alkylverbindungen in die Umwelt, was sich mit den geplanten Windkraftanlagen noch erhöhen wird. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung bauen sich per- und polyfluorierte Alkylverbindungen in der Umwelt nicht ab. Zudem sammeln sie sich im Körper von Menschen an, möglicherweise mit gesundheitlichen Folgen: So fanden Studien etwa Hinweise auf Leberschäden beziehungsweise Krebs oder eine Beeinträchtigung des Immunsystems. Mit der Errichtung weiterer Windkraftanlagen mit diesem Gefährdungspotential wäre neben der Gesundheit auch der Luftkurort im Geratal gefährdet.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Untersuchungen liegen der Landesregierung hinsichtlich der Umweltauswirkungen insbesondere im Hinblick auf die Freisetzung von Bisphenolen, per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, Schwefelhexafluorid, Kobalt, Lithium und anderen problematischen Stoffen bei Windkraftanlagen vor und wie werden diese von der Landesregierung im Einzelnen bewertet und beim Bau neuer Windkraftanlagen beachtet?

2.Welche Maßnahmen werden nach Kenntnis der Landesregierung ergriffen, um die Belastung durch diese Stoffe zu minimieren beziehungsweise deren Abgabe an die Umwelt zu verhindern, auch bei bestehenden Anlagen und auch im Hinblick auf das drohende EU-Verbotsverfahren?

3. Gibt es Vorgaben oder Planungen, den Einsatz von per- und polyf luorierte Alkylverbindungen, Bisphenolen, Schwefelhexafluorid, Kobalt und Lithium in zukünftigen Windkraftanlagen zu untersagen, zu reduzieren oder durch Alternativen zu ersetzen? Wenn ja, wann und in welcher Form (bitte erläutern)?

4. Welche Konzepte existieren auch von Seiten der Landesregierung, um den Abrieb von Mikroplastik und per- und polyfluorierte Alkylverbindungen sowie die Belastung durch Schwefelhexafluorid, Kobalt, Lithium und andere gefährliche Substanzen durch regelmäßige Wartung oder alternative Materialien zu verringern beziehungsweise zu vermeiden?

5. Gibt es bereits Pilotprojekte oder Forschungsvorhaben in Thüringen, die den Einsatz von umweltfreundlicheren Materialien (zum Beispiel biobasierte Kunststoffe, PFAS-freie Beschichtungen und schwefelhexafluoridfreie Schaltanlagen, Kobalt- und lithiumfreie Batterien) in der Windkrafttechnologie untersuchen und/oder wird generell auf den Einsatz der schädlichen Stoffe bei den neuen Windkraftanlagen verzichtet (bitte erläutern)?

6. Welche alternativen Ansätze zur Erzeugung erneuerbarer Energien werden geprüft, um den Ausbau der Windkraft nachhaltiger zu gestalten (zum Beispiel Förderung von Solaranlagen, Repowering bestehender Windkraftanlagen oder Speichertechnologien) beziehungsweise an den eigentlichen Strombedarf anzupassen?

7. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass bei zukünftigen Windkraftprojekten nachhaltige Recyclingkonzepte für Rotorblätter und die damit verbundenen gefährlichen Stoffe berücksichtigt werden? Wie werden die Tropenhölzer in den Rotorblättern wiederverwendet?

8. Wird die Landesregierung eine Verpflichtung zur Verwendung umweltfreundlicherer Materialien bei neuen Windkraftprojekten einführen, die die Verwendung von problematischen Stoffen wie Kobalt, Lithium, Epoxidharzen, per- und polyfluorierte Alkylverbindungen und fluorierten Gasen reduzieren (bitte erläutern)?

9. Plant die Landesregierung regelmäßige und transparente Untersuchungen zur Umweltbelastung durch bestehende und künftige Windkraftanlagen, insbesondere hinsichtlich des Ausstoßes von Bisphenolen, per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, Schwefelhexafluorid und anderen toxischen Stoffen (bitte erläutern)?

10. Welche Maßnahmen zur Förderung von Forschungsprojekten zu recycelbaren Materialien, abriebfesten Beschichtungen und der Reduktion von umweltschädlichen Stoffen werden derzeit nach Kenntnis der Landesregierung unternommen?

11. Inwiefern werden verstärkte Investitionen in alternative Formen der erneuerbaren Energie angestrebt, ebenso die Speichertechnologien rund um den durch Wind erzeugten Strom, um die Belastung durch Windkraftanlagen zu diversifizieren?

12. Plant die Landesregierung, bei den Genehmigungen zu den einzelnen Windindustrieanlagen beziehungsweise Windkraftanlagen gerade auch im Ilm-Kreis, die problematischen Stoffe, wie zum Beispiel Bisphenole, per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, Schwefelhexafluorid und andere toxische Stoffe, in einem Register zu erfassen? Wenn ja, wo, wie und mit welchem Zugang, zum Beispiel für die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Energie, Naturschutz und Forsten des Landtags?

Vorgangsnummer im Thüringer Landtag

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