Digitale Medien sind ein fester Bestandteil des modernen Alltags. Dies nehmen Regierungen in Bund und Ländern zum Anlass, Schüler immer umfangreicher und früher mit digitalen Medien zu konfrontieren. Dahinter steht die Auffassung, dass der Umgang mit digitalen Medien erstens für die Medienkompetenz unabdingbar sei und zweitens auch für alle anderen Fächer neue, bessere Lernmethoden ermögliche. In Thüringen bemühte sich die Landesregierung daher im Rahmen der Digitalstrategie Thüringer Schule (DiTS) um eine Ausweitung des digitalen Unterrichts. Auch künstliche Intelligenz soll nach dem Willen der Regierungskoalition in den Schulunterricht integriert werden. Doch diese Auffassung ist durchaus einseitig und steht im Widerspruch zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Demnach beeinträchtigen Medien die Entwicklung gerade junger Menschen nicht nur durch potenziell schädliche Inhalte oder durch die Förderung von Bewegungsmangel. Vielmehr beeinflussen sie unmittelbar die neurologische Entwicklung und schaden der Ausbildung logischen und kritischen Denkens. Diese Zusammenhänge und negativen Auswirkungen sind seit Jahren bekannt und werden von Vertretern der Wissenschaft immer wieder warnend hervorgehoben. Im Jahr 2023 forderten vierzig Wissenschaftler des Vereins Gesellschaft für Bildung und Wissen e. V. daher ein Moratorium der Digitalisierung in Schulen und Kindertagesstätten. Im gleichen Jahr fasste das schwedische Karolinska-lnstitut zahlreiche ältere Studien in dem Resultat zusammen, „dass digitale Werkzeuge das Lernen der Schüler eher beeinträchtigen als verbessern“. Das Institut stellte unter anderem heraus, dass–Schüler in digitalen Lernkontexten knapp 40 Prozent der Unterrichtszeit abgelenkt sind; Schüler in digitalen Lernkontexten gegenüber solchen in analogen Lernkontexten ein Defizit in der Leseentwicklung von etwa zwei Jahren aufweisen; Schüler in digitalen Lernkontexten bei der Quellensuche eher nach Bestätigungen ihrer eigenen Meinung suchen, als tatsächlich evidenzbasiert zu einer reflektierten Meinung zu finden. Ähnlich verhält es sich mit der Nutzung Künstlicher Intelligenz: Jüngst belegte eine Studie der Carnegie Mellon University in der Stadt Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania, dass deren Einsatz selbst bei erwachsenen Akademikern zu einer Atrophie kritischen Denkens führt. Bei Kindern ist ein noch größeres Ausmaß dieses Effekts zu vermuten. Digitale Medien und Künstliche Intelligenz bergen also einige Risiken für den elementaren Lernprozess gerade von Kindern und Jugendlichen. Ihre Auswirkungen auf die neurologischen Strukturen heranwachsender Menschen stehen dem staatlichen Bildungsauftrag insoweit entgegen. Eine unkritische und pauschale Digitalisierung des Schulunterrichts, gerade in der Grundschule, wo mit dem Lesen, Schreiben und Rechnen die Fundamente aller weiteren Bildung und Ausbildung erlernt werden sollen, ist daher abzulehnen. Vielmehr sollte die Schule zum analogen Freiraum gegenüber der Flut eines medialen Angebots bleiben, um den Schülern eine Basis zu ermöglichen, später kritisch und reflektiert mit den Medien umgehen zu können. Hierzu werden Kinder und Jugendliche am besten auf analogem Wege befähigt, indem sie die Grundlagen logischen und kritischen Denkens entwickeln, mit denen ein selbstbestimmtes und selbstbewusstes Leben inklusive der Befähigung zum adäquaten Umgang mit digitalen Medien möglich ist. In diesem Sinne sollten digitale Medien und Künstliche Intelligenz in der Schule nur in engem Rahmen eingesetzt werden.

Vorgangsnummer im Thüringer Landtag

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