Immer weniger Menschen in Thüringen haben eine realistische Chance, privates Wohneigentum zu erwerben. Die Gründe hierfür sind vielfältig.
Ein Aspekt ist die Belastung durch die Grunderwerbsteuer von 6,5 Prozent des Kaufpreises. Gerade für Familien oder für einkommensschwache Haushalte stellt die Steuerschuld häufig eine erhebliche Hürde dar, ein Eigenheim oder eine Wohnung zu erwerben. Eine Entlastung für die Betroffenen kann durch Übernahme der Zahlungsverpflichtung aus der Grunderwerbsteuer erreicht werden. Dies wäre nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Thüringer Wohnraumfördergesetzes (ThürWoFG) bereits heute eine mögliche Form zur Förderung des erstmaligen Erwerbs von Wohnungseigentum und könnte durch eine einfache Erweiterung der Förder- richtlinie sofort wirksam werden, denn die finanzielle Unterstützung der Bildung von Wohneigentum durch Haushalte, die ohne staatliche Unterstützung hierzu nicht in der Lage sind, sieht der Gesetzestext schon vor.
Nach § 10 sowie den §§ 13 bis 15 Abs. 1 und 3 ThürWoFG werden einkommensschwache Familien und andere Haushalte mit Kindern oder gesetzlicher Unterhaltsverpflichtung sowie in besonderem Maße (§ 15 Abs. 2 ThürWoFG) Menschen mit Behinderungen sowie Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften bis zum Ablauf des zehnten Kalenderjahres nach dem Jahr der Eheschließung oder der Eintragung der Lebenspartnerschaft gefördert.
Die in diesen Paragraphen des Thüringer Wohnraumfördergesetzes genannten Einkommens- und Freibetragsgrenzen könnten zur Erweiterung
des Kreises der Begünstigten evaluiert werden, was auch angesichts beispielsweise gestiegener Mindestlohnbeträge ohnehin geboten erscheint.
Eine Steuerentlastung auf dem Weg der Steuerfestsetzung mit Freibeträgen und unterschiedlichen Steuersätzen herbeizuführen, würde wegen der dafür erforderlichen Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes die Mitwirkung des Bundes erforderlich machen. Dabei dürfte ein Nullsteuersatz aus rechtlichen Gründen problematisch sein, folgt man einem einschlägigen Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags (WD 4 – 3000 – 115/20: „Verfassungsmäßigkeit eines gesplitteten Grunderwerbsteuersatzes“). Daher ist der hier vorgeschlagene Weg einer Übernahme der Steuerschuld im Steuererhebungsverfahren einzuschlagen, der im Übrigen einer Mitwirkung des Bundes nicht bedarf und also vom Thüringer Gesetzgeber allein ins Werk gesetzt werden kann.
Zur Finanzierung der hier vorgeschlagenen Förderung aus dem Landeshaushalt kann auf das vorhandene Sondervermögen „Thüringer Wohnungsbauvermögen“ zurückgegriffen werden. Dies umfasst nach Auskunft der Landesregierung per 29. November 2021 rechnerisch freie
Mittel in Höhe von rund 162 Millionen Euro, wovon rund 56,7 Millionen Euro ungebunden sind.
Für die Festsetzung und Erhebung der Grunderwerbsteuer in Thüringen ist das Finanzamt Suhl zentral zuständig. Treuhänder des Wohnungsbauvermögens ist die Thüringer Aufbaubank, die Fördermittelausreichung erfolgt durch das Thüringer Landesverwaltungsamt. Mit einem über das Finanzamt Suhl an die Fördermittelstelle gerichteten Antrag, die Grunderwerbsteuer zu übernehmen, könnten die Wohneigentumserwerber, ohne Beratungsbedarf und Beratungskosten und ohne die Grunderwerbsteuer zwischenfinanzieren zu müssen, die Grunderwerbsteuerverschonung erhalten.