Artikel 1
zu Nr. 1, 2, 5 und 7:
Die bisher erforderlichen Quoren – also die jeweils erforderliche nötige Anzahl an beizubringenden Unterschriften – sind so hoch, dass die Aussicht darauf, einen Bürgerantrag oder ein Volksbegehren erfolgreich zu initiieren oder einen Volksentscheid erfolgreich herbeizuführen, von vornherein gering ist. So wird es den Bürgern im Grunde schwer bis nahezu bereits aufgrund mitwirkungsfeindlicher Quoren unmöglich gemacht, sich tatsächlich an der Gesetzgebung des Freistaats auf direkt-demokratischem Wege zu beteiligen.
Als mitwirkungsfeindliche Hürden erweisen sich bisher auf Landesebene – also sowohl bei Bürgeranträgen, Volksbegehren als auch Volksentscheiden – auch die Fristen, innerhalb derer die Bürger die erforderliche Anzahl an Unterschriften beizubringen haben. Diesen Missständen wird mit der Neuregelung abgeholfen, indem die erforderlichen Quoren gesenkt und die Sammlungsfristen bei Bürgeranträgen und Volksbegehren verlängert werden.
zu Nr. 3, 4 und 11:
Um eine direkte Partizipation des Souveräns am demokratischen Prozess zu ermöglichen, muss sich die Mitwirkungsmöglichkeit qua Volksbegehren und Volksentscheid auch auf die mögliche vorzeitige Abberufung des Landtags durch die wahlberechtigten Bürger erstrecken.
Den Bürgern wird so spiegelbildlich zum Recht der Wahl des Landtages auch das Recht der Abberufung gegeben. Thüringen folgt so denjenigen Bundesländern, die die entsprechende Möglichkeit in ihren Verfassungen vorsehen.
zu Nr. 6:
Die bisherige Pflicht der Antragsteller, sich für eine von zwei möglichen Arten der Unterschriftensammlung zu entscheiden, mindert die Erfolgsaussichten von Volksbegehren. Die Wahlpflicht ist sachlich zudem nicht begründet. Daher soll es den antragstellenden Bürgern mit der Neuregelung künftig freigestellt sein, sich beider Arten der Sammlung gleichermaßen zu bedienen. Eine Festlegungspflicht auf nur eine Sammlungsart entfällt.
zu Nr. B:
Während das Verbot der Sammlung in zur politischen Neutralität verpflichteten staatlichen Einrichtungen wie Behörden und Gerichten sinnvoll ist, soll das Verbot der Sammlung an den bisher in § 16 Abs. 2 ThürBWG ebenfalls ausgeschlossenen Orten, mit Ausnahme von Notarkanzleien aufgehoben werden. An den genannten Orten (Betriebe des Beherbergungs- und Gastronomiegewerbes, Arztpraxen, Kanzleien von Rechtsanwälten und Steuerberatern)
verweilen zahlreiche Bürger und haben dort Gelegenheit, sich mit einem Volksbegehren auseinanderzusetzen. Ein Sammlungsverbot an diesen Orten ist daher mit Blick auf die Förderung demokratischer Partizipation nicht sinnvoll. Eine Pflicht zur Auslegung von Unterschriftenlisten wird dagegen nicht konstituiert.
zu Nr. 9:
Auch im Fall des§ 17 ThürBWG wird die verpflichtende Festlegung auf eine von zwei Sammlungsarten aufgehoben, welche damit künftig nebeneinander genutzt werden können. Die Quoren für das Zustandekommen des Volksbegehrens werden abgesenkt.
zu Nr. 10:
Um auch bei Volksentscheiden die entmutigende und beteiligungshemmende Wirkung unangemessener Quoren aufzuheben, wird das bisherige Erfordernis eines Quorums abgeschafft. Da im direktdemokratischen Gesetzgebungsprozess bereits Volksbegehren Hürden zu überwinden haben, um die Stufe des Volksentscheides zu erreichen, genügt für die Annahme eines Gesetzentwurfes im Volksentscheid die einfache Mehrheit vollauf.
zu Nr. 12:
Der Absatz regelt, dass die Abberufung des Landtages durch die Mehrheit der bei einem hierauf gerichteten Volksentscheid abgegebenen gültigen Stimmen erfolgt.
zu Nr. 13:
Änderungen der Verfassung erfordern zu Recht eine qualifizierte Zustimmung, weil sie die Grundordnung des Staates betreffen. Auch bei Volksentscheiden über verfassungsändernde Gesetze ist vor diesem Hintergrund ein Quorum angemessen. Allerdings darf ein solches Quorum wiederum keine beteiligungsblockierende Wirkung entfalten. Die Halbierung des Wertes des bisher für verfassungsändernde Gesetze bei Volksentscheiden erforderlichen
Quorums trägt diesem Anliegen in moderater Weise Rechnung.
Artikel 2
zu Nr. 1:
Das politische Gemeinwesen ist auch auf kommunaler Ebene Angelegenheit der Bürger. Von daher ist nicht zu ersehen, warum bei direktdemokratischen Instrumenten auf kommunaler Ebene gegenüber den Instrumenten Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheid eine Ausweitung der Stimmberechtigten auf Nicht-Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes erfolgt. Eine Aufenthaltsdauer von lediglich drei Monaten in einer Gemeinde kann allein noch
keinen direkt-demokratischen Mitgestaltungsanspruch begründen.
Auch die nochmalige Absenkung des Alters zur Stimmberechtigung unter 16 Jahre, nämlich auf den Zeitpunkt der Vollendung des 14. Lebensjahres ist nicht sinnvoll,
zu Nr. 5, 6, 7, 8 und 9:
Die Fristen innerhalb derer die Bürger im Rahmen eines Bürgerbegehrens die erforderliche Anzahl von Unterschriften beizubringen haben, müssen im Sinne einer erleichterten Nutzung dieses direktdemokratlschen Instruments auf kommunaler Ebene so gestaltet sein, dass der Erfolg eines Bürgerbegehrens nicht bereits durch zu knappe Zeitvorgaben gefährdet wird. Zur Erreichung dieses Ziels ist eine moderate Anhebung der zu wahrenden Fristen sinnvoll.
Die Quoren sind äquivalent zu senken, um so direktdemokratische Bürgerbeteiligung im Sinne einer lebendigen Demokratie tatsächlich erreichbar und möglich zu machen.
zu Nr. 1 o und 11:
Bei Bürgerentscheiden auf kommunaler Ebene werden die Quoren abgeschafft. Sie stellen lediglich eine weitere Hürde für direktdemokratische Initiativen dar, die bereits die Hürde zur Zulassung des Bürgerbegehrens erfolgreich überwunden haben. Die Gültigkeit eines als Bürgerentscheid zustande gekommenen Abstimmungsergebnisses darf deshalb nicht darüber hinaus nochmals von einem Mindestquorum an Stimmberechtigten abhängig gemacht werden.
Nur so kann sichergestellt werden, dass Bürgerentscheide tatsächlich Erfolg haben können und die Bürger auch subjektiv das berechtigte Gefühl entwickeln, dass sich demokratisches Engagement zu lohnen vermag.
Artikel 3
zu Nr. 1:
Regelt das Inkrafttreten.
zu Nr. 2:
Stellt eine Übergangsregelung für direktdemokratische Verfahren dar, die zum Zeitpunkt des lnkrafttretens (s. Nr. 1) bereits begonnen wurden.