Die Diskussion um die Abschaffung des Ehegattensplittings der letzten Jahre war geprägt von der Behauptung, das Ehegattensplitting bevorzuge allein die klassische Ehe und gut situierte Alleinverdiener. Auch das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) befürwortete die Abschaffung des Ehegattensplittings, die zu einer deutlich höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen und zu einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um bis zu 1,5 Prozent führen würde. Derartige Argumente gehen einmal mehr über die Bedarfe von Familien mit mehreren Kindern und Alleinerziehenden hinweg und weisen familienpolitisch ebenso wie strukturpolitisch in die falsche Richtung. Die politischen Rahmenbedingungen haben nicht nur erhebliche Belastungen von Familien zur Folge, sondern stehen auch einer positiven demographischen Entwicklung entgegen. Die etwa 150 familienpolitischen Maßnahmen mit einem Fördervolumen von über 13 Milliarden Euro zeigen weder bei kinderreichen Familien oder Familien von Alleinerziehenden Wirkung, noch sind sie geeignet, junge Menschen zu ermutigen, eine Familie zu gründen. Das mit einer Familiengründung verbundene Armutsrisiko in Deutschland ist hoch. Dies gilt in besonderem Maße für Thüringen, wo namentlich der Anteil der von einem besonders hohem Armutsrisiko betroffenen Alleinerziehenden mit 23,8 Prozent weit über dem Bundesdurchschnitt (19,9 Prozent) liegt. Verschärft wird diese Problematik durch die aktuelle Wirtschaftskrise, die hohen Energiepreise und stark gestiegenen und weiter steigenden Lebenshaltungskosten. Eine Industrienation wie Deutschland kann es sich langfristig nicht leisten, dass die Familiengründung für junge Menschen zum finanziellen Existenzrisiko wird.

Das Familiensplitting ist eine geeignete steuerliche Regelung, die dem verfassungsmäßig garantierten Schutz der Familie verpflichtet ist und eine echte Entlastungswirkung zur Folge hat. Jede Eltern-Kind-Beziehung mit mindestens einem sorgeberechtigten Elternteil gilt als Familie, einschließlich der Alleinerziehenden. Bei der Berechnung der Einkommensteuer soll beim Familiensplitting das zu versteuernde Haushaltseinkommen der Ehe- oder Lebenspartner nicht mehr nur durch zwei geteilt werden, sondern der Divisor um die Zahl der Kinder erweitert werden. Der Grundfreibetrag der Kinder wird beibehalten. Das Kindergeld soll unabhängig vom Familiensplitting bestehen bleiben, damit auch Eltern mit einem geringen Einkommen profitieren. Die Kinderfreibeträge entfallen, eine Günstigerprüfung findet nicht mehr statt. Mit der Einführung eines Familiensplittings wird auch kinderreichen Familien und Alleinerziehenden in Thüringen eine weitgehend selbstständige Lebensführung ermöglicht, unabhängig von familienpolitischen Fördermaßnahmen und Existenzsorgen.

Vorgangsnummer im Thüringer Landtag

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