Ministerielle Amtsführung ist an Verfassung, Gesetz und an die anerkannten Standards politischer Kultur einer parlamentarischen Demokratie gebunden. Zu diesen Grundanforderungen zählen insbesondere die Pflicht zur parteipolitischen Neutralität, die Bindung an Wahrheit und überprüfbare Tatsachen, eine verantwortungsvolle und deeskalierende Kommunikationsweise sowie die Freiheit von ideologischer Voreingenommenheit. Diese Maßstäbe bilden den normativen Rahmen verantwortlicher Regierungsführung. Werden sie missachtet, leidet nicht nur das Vertrauen der Bürger in staatliche Institutionen, sondern auch die Funktionsfähigkeit des parlamentarischen Regierungssystems insgesamt. Eine derartige Missachtung kann im Handeln des seit dem Jahr 2017 mit kurzer Unterbrechung im Amt befindlichen heutigen Ministers für Inneres, Kommunales und Landesentwicklung erkannt werden. Der Mangel politischer Neutralität seitens des Ministers wird besonders deutlich daran, dass der Minister den in seinem Verantwortungsbereich agierenden Leiter des Amtes für Verfassungsschutz seit langem in seinem verfassungswidrigen öffentlichen Kampf gegen die politische Opposition stützt (siehe Urteil vom 18. Dezember 2025, Az.: 8 K 1271/23 We). Die in den vergangenen Jahren öffentlich geäußerten Behauptungen und Warnungen des Ministers für Inneres, Kommunales und Landesentwicklung begründen in mehrfacher Hinsicht Zweifel an der Einhaltung der oben genannten Maßstäbe. Insbesondere seine sachlich nicht belastbar unterlegten Einordnungen der friedlichen Corona-Demonstrationen sowie seine unbelegten Aussagen über angebliche Radikalisierungsprozesse bei Maßnahmenkritikern bis hin zur Behauptung einer Herausbildung terroristischer Strukturen trugen nicht zur Beruhigung der gesellschaftlichen Lage bei, sondern waren geeignet, bestehende gesellschaftliche und politische Spaltungen weiter zu verschärfen. Damit überschritt der Minister die Grenzen einer verantwortungsvollen staatlichen Kommunikationspflicht, die gerade im Bereich der inneren Sicherheit durch Besonnenheit und Zurückhaltung geprägt sein muss. Entsprechendes gilt für die von ihm im Jahr 2021 erhobene Forderung nach reglementierenden Beschränkungen des Messenger-Dienstes Telegram. Diese wurden ohne nachvollziehbare Darlegung einer tragfähigen verfassungsrechtlichen Grundlage und ohne den Nachweis einer zwingenden sicherheitsbehördlichen Erforderlichkeit erhoben. Ein derartiger Vorstoß stellt die grundrechtlich geschützte Meinungs- und Kommunikationsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise in Frage und widerspricht dem rechtsstaatlichen Gebot besonderer Zurückhaltung bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen. Auch in weiteren Fällen zeigt sich ein wiederkehrendes Muster der öffentlichen Behauptung tatsachenferner oder unbelegter Vorwürfe durch den Minister für Inneres, Kommunales und Landesentwicklung. Dies betrifft insbesondere die Behauptung, die größte Oppositionspartei im Thüringer Landtag fordere die Remigration deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund ebenso wie die Unterstellungen eines missbräuchlichen Umgangs mit dem parlamentarischen Fragerecht oder gar eines Spionageverdachts gegenüber Abgeordneten. Für diese schwerwiegenden Anschuldigungen wurden vom Minister für Inneres, Kommunales und Landesentwicklung keine belastbaren Tatsachen vorgetragen; die Anschuldigungen wurden vielmehr in der Rechtsprechung als spekulativ oder unbegründet bewertet. Solche Äußerungen sind geeignet, den parlamentarischen Diskurs zu verzerren und das verfassungsrechtlich garantierte Kontrollrecht des Parlaments zu diskreditieren. In der Gesamtschau dieser Vorgänge treten erhebliche Defizite in der Wahrnehmung ministerieller Verantwortung seitens des Ministers für Inneres, Kommunales und Landesentwicklung zutage. Wo ein Mitglied der Landesregierung politische Gegner ohne tragfähige Tatsachengrundlage diskreditiert und diffamiert, kritische Bürger pauschal unter Extremismusverdacht stellt, unverhältnismäßige Eingriffe in Kommunikationsfreiheiten anpreist oder durch unbegründete Gefahrenprognosen Verunsicherung in der Bevölkerung erzeugt, entfernt es sich von den Maßstäben rechtsstaatlicher und verantwortungsbewusster Amtsführung. Ein Minister, der wiederholt gegen die Pflicht zu sachlicher, wahrheitsgemäßer und verhältnismäßiger Kommunikation verstößt und dadurch das Vertrauen in die Unvoreingenommenheit und Sachlichkeit staatlichen Handelns beeinträchtigt, wird zu einer Belastung für die Glaubwürdigkeit der Regierung und die parlamentarische Demokratie. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Entlassung aus dem Amt als gebotene Konsequenz politischer Verantwortung.

Vorgangsnummer im Thüringer Landtag

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